Substitution ist nicht die einzige Lösung

Eine Reflexion über den Aufstieg sinnloser Innovationen


Alex Giurca

In unserer kapitalistischen Wirtschaft nimmt die Innovation einen besonderen Platz ein. Mit dem Aufkommen der EU-Bioökonomie-Strategie sind unzählige biobasierte Innovationen aufgetaucht. Deren Philosophie ist einfach: Man nehme ein fossilbasiertes Produkt, repliziere seine industrielle Verarbeitungslogik und ersetze es durch ein biobasiertes Produkt. Nehmen wir das Beispiel Holz: Die Faszination für holzbasierte Produkte hat die Medien erobert. Sie wird vor allem von der forstbasierten Industrie in Nordeuropa propagiert. Bioökonomie-Enthusiast*innen, Forschung, Politik und Industrie verweisen auf die jüngsten holzbasierten Innovationen als Aushängeschild für das vermeintlich unbegrenzte (Wachstums-)Potenzial. Wir haben Fahrräder aus Holz, Autoteile aus Holz und sogar einen Satelliten aus Holz. Aber sind diese Innovationen wirklich so bahnbrechend?

Betrachten wir die Holztoilette: Sie löste einen kleinen Twitter-Sturm aus, nachdem jemand die „revolutionäre“ Innovation begeistert teilte. Die Toilette ist also aus Holz gefertigt – aber hölzerne Toiletten oder „Plumpsklos“ gibt es seit dem 20. Jahrhundert. Doch heute hat sich unsere Lebenswelt in vielen Ländern stark verändert. Toiletten mit Wasserspülung erzeugen weltweit mehr als 80% des Abwassers. Der größte Teil des Abwassers landet direkt in der Umwelt. Sollten wir uns also nicht über die verschwenderische Logik der Toilettenspülung Gedanken machen, anstatt uns über das Material zu sorgen, aus dem die Toilette besteht? Sollten wir nicht Geld und Ressourcen besser in die Lösung schwieriger Fragen investieren, etwa: Wie wäre es, recyceltes Wasser zu verwenden? Oder Kompost-Toiletten? Können wir einen Weg finden, die Sekundärprodukte für Energie und Landwirtschaft zu nutzen?

Aber unsere konsumorientierte Gesellschaft lässt die Dinge lieber so, wie sie sind, und verändert sie nur ein bisschen. Aber ein radikalerer Wandel zu einer nachhaltigen, kreislauforientierten Bioökonomie muss über die Mentalität, dass Substitution die Lösung ist, hinausgehen und anerkennen, dass eine radikale Veränderung unserer Produktion und unseres Konsums notwendig ist.


Alex Giurca ist Geschäftsführer am Heidelberg Center for the Environment (HCE). Davor hat er an der Universität Freiburg promoviert, wo er politische Diskurse und Innovationsnetzwerke in den Waldbioökonomien Deutschlands, Finnlands und Schwedens erforscht hat.