Transformation – auch im Kopf:
wie eine erfolgreiche Bioökonomie entstehen kann

Dr. Viola Bronsema

In einer Bioökonomie ist die jetzt noch weitgehend erdölbasierte Industrie „biologisiert“. Das heißt, es werden auf Basis nachwachsender Rohstoffe bzw. Reststoffe mithilfe von Schlüsseltechnologien wie der Biotechnologie nachhaltige Prozesse, Stoffkreisläufe und Produkte etabliert. Die Natur mit ihrem kreislaufförmigen Werden und Vergehen ist dabei das Vorbild.

Für die Biologisierung ist ein Umdenken bei allen Akteurinnen und Akteuren nötig. Biotechnologie muss im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit und Klimaschutz einen höheren Stellenwert erlangen. Viele der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen, wie „Maßnahmen zum Klimaschutz“ oder „Nachhaltige/r Konsum und Produktion“, lassen sich mit der Bioökonomie erreichen. Wichtig ist dabei, dass Gesellschaft und Industrie neuen vielversprechenden Technologien grundsätzlich offen gegenüberstehen und deren Chancen und mögliche Risiken vorurteilsfrei abwägen. Das gilt für die Möglichkeiten der gezielten Veränderung des Erbguts, welche großes Potenzial für Industrie, Landwirtschaft und Medizin hat.

Für viele Menschen passen neue Technologien und Umweltschutz nicht zusammen. Dasselbe gilt für die Kombination Wirtschaft und Natur. Für die Bioökonomie müssen wir nicht nur die im Naturschutz Aktiven, sondern auch die Verantwortlichen in der Wirtschaft gewinnen. Es geht häufig nicht um „Jute statt Plastik“, sondern um völlig neue Produkte und Verfahren. Die Wirtschaft muss investieren, die Gesellschaft muss das gut finden und die Produkte abnehmen. Konsum und Produktion müssen sich aufeinander zubewegen,.

Häufig stehen nachhaltige Alternativen anfangs in Konkurrenz zu existierenden Angeboten und lassen sich daher nicht wirtschaftlich einführen, wenn der Wille fehlt. Daher brauchen wir den Dialog sowie Rahmenbedingungen und Förderinstrumente, die die nachhaltige industrielle Produktion fördern und die Attraktivität für die Verbraucherinnen und Verbraucher stärken. Wenn das wirtschaftliche Risiko zu hoch ist, kann es sinnvoll sein, innovative Unternehmen finanziell zu unterstützen, neue Prozesse vom Labor in den Großmaßstab zu überführen. Die Transformation in eine Bioökonomie ist geboten und technisch machbar. Damit es gelingt, sind die Unterstützung der Politik und der Wille der Gesellschaft nötig.




Foto: BIO Deutschland

Dr. Viola Bronsema ist seit Oktober 2006 Geschäftsführerin der Biotechnologie-Industrie-Organisation Deutschland (BIO Deutschland) in Berlin. Seit August 2020 gehört sie dem Aufsichtsrat der CureVac N. V. an. Im Januar 2021 wurde sie zudem in den Bioökonomierat der Bundesregierung berufen.